Städtebaulicher Gesamtplan - Campus Virchow-Klinikum

ALLGEMEIN RAHMENPLÄNE STÄDTEBAU Ort: Berlin
Jahr: 2021
Größe: rd. 40 ha
Auftraggeber: Charité - Universitätsmedizin Berlin

Städtebauliches Konzept

Historie und Neuausrichtung
Mit der Öffnung und Neuausrichtung des Virchow-Areals hin zum Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal erhält der Campus neben seiner bedeutsamen historischen, inneren Prägung neue attraktive Lagen sowie repräsentative Adressen am Wasser, welche sich zunächst  über den Hochpunkt des neuen Herzzentrums auf zeichenhafte Weise weithin wahrnehmbar manifestiert. Der Entwurf schlägt zwei neue grüne Leitstrukturen vor, welche den Campus in Nord-Südrichtung durchlaufen.

Die historische Mittelallee und die Nord-Süd-Achse auf den Turm des alten Kesselhauses werden erhalten und bleiben weiterhin Identitätsgeber und inneres Refugium des Standorts. Im südlichen Verlauf reflektiert der Entwurf diese neue Schwereline, welche durch die versetzte Positionierung des Hochpunkts des UHZ entsteht. Der Entwurf formuliert folglich eine attraktive Raumfolge mit axialen Versätzen, welche die Umbaubindungen berücksichtigt und gleichzeitig die Bestandsgebäude auf spielerische Weise räumlich einbindet.

Raumbildung und Teilräume

Der Entwurf schärft und klärt die Raumbildung im Inneren und entwickelt eine neue, repräsentative Kulisse mit hochwertigen Adressen zu den angrenzenden Straßenräumen und zum Uferbereich. Die historischen und neuen freiräumlichen Strukturelemente gliedern den Campus dabei in differenzierte Teilräume mit unterschiedlichen Charakteren und Nutzungsschwerpunkten. Sie schaffe somit Vielfalt und Orientierung gleichermaßen. Die klinischen Bereiche liegen hierbei traditionell im Zentrum, die repräsentativen und außenwirksamen oder logistischen Nutzungen entsprechend an den Rändern.

Die Ausbildung eines markanten Brückenkopfs an der Seestraße und die bewusste bauliche Freihaltung der ehemaligen Patientengärten schaffen eine Verflechtung und Fokussierung innerer und äußerer Bezüge in zentraler Wasserlage im räumlichen Vorfeld des neuen Hochpunktes des UHZ. An der Föhrerbrücke wird unter Einbindung der wesentlicher Bestandsbauten ein neuer stadtseitiger Ankommensort entwickelt, welcher mit seinem repräsentativen Antrittsplatz am Wasser hin zum neuen Herzzentrum vermittelt und hochwertige stadtseitige schafft. Die Verlängerung der Buchstraße dient als Neben- und Verwaltungszugang und bindet entlang der neuen Grünfuge über Ring, Mittelallee und historischer Wirtschaftsbauten hin zum nördlichen Campusbereich an der Seestraße durch.

Neben dem übergeordneten Merkzeichen des Herzzentrums markieren untergeordnete Hochpunkte die Quartiersecken (mit Ausnahme des Augustenburger Platzes), spannen den Raum des Campus auf und geben innere und äußere Orientierung. Darüber hinaus bringen bauliche Überhöhungen an der See- und Föhrerstraße stadt- und wasserseitig ein bewusstes Höhenspiel in die Silhouette.

Freiräumliches Konzept

Die drei Handlungsfelder Landschaft, Städtebau und Architektur werden im vorliegenden Entwurf als Ganzheit im Sinne einer Healing-City zusammengeführt. Daraus formuliert sich ein gesamtheitlicher Entwurf, der sich mit seinen jeweiligen Figuren und Topografien aufeinander bezieht. Landschaftlich wird ein klar ablesbares Freiraumsystem entwickelt.

Raumbildung und-verknüpfung

In direkter Verlängerung der Föhrer Brücke entfaltet sich in Wasserlage die neue Hauptansicht des entstehenden Campus. Sie kombiniert die Strahlkraft nach außen mit der Logik ins Campusinnere. Am Nordufer wird ein repräsentativer Stadtplatz mit Bootshaus und Bootshuttle vorgeschlagen. Der Platz wird mit vegetativen Intarsien durchwoben. Dieses Motiv wird zusammen mit randlich eingestellten Bäumen an den übergeordneten Eingangsplätzen entlang der Seestraße und Amrumer Straße mit Augustenburger Platz übernommen. Die Anknüpfungspunkte führen Erreichbarkeit, Orientierung und Verweilmöglichkeiten zusammen.

Vielfalt, Zonierung und Folge von Freiflächen
Mit dem Platz am Nordufer wird eine Sequenz von Verbindungs- und Aufenthaltsräumen im Freiraum geschaffen. Diese beinhalten an den Gelenkpunkten verstärkte Aufenthaltsqualitäten und kombinieren in ihrer Gestaltung historische Grundfeste in Hoffmann‘scher Tradition mit zeitgenössischer Landschaftsarchitektur. Um das Nordufer mit dem Turm am Kesselhaus zu verbinden, wird aus dem ursprünglichen kreisrunden Wasserbecken des Campusboulevards ein langgestrecktes Fontainenfeld modelliert. Das dominierende Gestaltelement ist der zentrale Campus-Boulevard. Ausgehend vom Augustenburger Platz und der barocken Gartenanlage verläuft er axial bis zur Bibliothek. Der Boulevard wird flankiert durch seinen prägenden Altbaumbestand. Der Alleenring ist Orientierungs- und Erschließungssystem, logistische Ader sowie Rundweg und Treffpunkt in einem Ordnungselement. Nach historischem Vorbild wird er revitalisiert. Die Neubauten des Klinikbereiches ermöglichen sowohl im Innern aus auch außen ein differenziertes Freiraumgefüge. Die Patios und Dachgärten werden als Teil des therapeutischen Konzeptes verstanden. Die entstehenden Räume ergänzen flexibel das Nutzungsprogramm mit Freisitzen, Wiesenbändern oder Spielpunkten. Die Säume zitieren die historische Planung Ludwig Hoffmanns, schärfen aber gleichzeitig durch Rücksprünge die Zugangsbereiche und Vorfahrten zum Gebäude. Als übergeordnetes Freiraumband wird ein Erholungspark vom UHZ und dem „Brückenschlag Westhafen“ entlang des Nordufers über den Eckernförder Platz in Richtung Volkspark Rehberge entwickelt. Die darin eingelagerten Wandelwege und Lichtungen mit Ruheliegen, Kneipp o.ä. vermitteln zwischen Ansprüchen des Gesundheitswesens und klassischem Erholungspark.

Nutzungskonzept

Zukunftsoffenheit und Dauerhaftigkeit
Der Entwurf schafft durch sein Leitbild und die klare räumliche Fassung seiner prägenden und identitären Strukturen eine attraktive, differenzierte und dauerhafte Grundstruktur. Innerhalb dieser permanenten Feldbildungen ermöglichen flexible Baufeldzuschnitte von robustem Ausmaß in Hinblick auf Nutzungsänderungen und weitere noch nicht absehbare zukünftige Ereignisse ein zukunftsoffenes Handeln. Vor diesem Hintergrund stellen die im Entwurf dargestellten Typologien Chiffren einer möglichen, aber nicht zwingend bindenden baulichen Umsetzung dar, welche dazu dienen bereits heute einen qualifizierenden städtebaulichen Diskurs zu führen.

Erschließungskonzept

Das Mobilitätskonzept bietet mit je einem Parkhaus an den Hauptzugängen See- und Föhrerstraße die Möglichkeit MIV-Verkehre früh abzufangen. Hier liegen auch ergänzende Mobilitätsangebote wie Carsharing und Ladestationen. Notwendige Sonderfahrten und Dienstbarkeiten sind auf dem Alleenring möglich. Fuß und radläufig steht ein engmaschiges grünes Wegenetz zur Verfügung, welches in den notwendigen Bereichen durch einen autonomen Shuttleservice ergänzt wird und mit einer Fahrradstation an den übergeordnete Uferradweg und ein Wassershuttle an den Campus Mitte angeschlossen ist.

Nachhaltigkeit

Es werden die Belange der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit zusammengeführt. In der ökologischen Ansprache werden u.a. Biotopvernetzung, Biodiversität und ein intelligentes Regenwassermanagement angesprochen. Die ökonomische Nachhaltigkeit führt die Themen des Re- und Upcyclings, der Pflege- und Bewirtschaftung sowie der Lebenszykluskosten zusammen. In der sozialen Nachhaltigkeit spiegeln sich generationenübergreifende, sichere und aneignungsfähige Räume wider.