Der Wissenschaftsrat hat im April grünes Licht gegeben für die Gründung der Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL CT). Dieses Votum ist ein Meilenstein im Strukturwandel nicht nur für unsere Stadt Cottbus/Chóśebuz, sondern für die gesamte Lausitz und die ländlich geprägten Regionen Deutschlands, die von der künftigen Forschungstätigkeit der MUL CT in der Gesundheitssystemforschung und Digitalisierung des Gesundheitswesens profitieren werden.
Der Aufbau der Medizinischen Universität Lausitz Carl Thiem ist gleichzeitig ein Meilenstein in der Stadtentwicklung. Was das neue Bahnwerk für Ströbitz und der entstehende Cottbuser Ostsee für Sandow sowie die Anrainergemeinden Willmersdorf, Merzdorf und Dissenchen/Schlichow bedeutet, wird die neue Universität für die Spremberger Vorstadt.
Der städtebauliche Rahmenplan beschreibt einen Teil des komplexen Gesamtprozesses für den Aufbau der Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem innerhalb des Zeitraumes von März 2023 bis April 2024. Er skizziert die Grundprogrammatik und Zielstellung auf der städtebaulichen, freiräumlichen, funktionalen und verkehrlichen Ebene sowie die wesentlichen Schritte und Zielstellungen der städtebaulichen Rahmenplanung.
Ziel – Entwurfsverständnis
Der städtebauliche Rahmenplan für den neuen Campus der MUL CT stellt einen integrierten Entwurfsansatz dar, der die vielfältigen Anforderungen an einen modernen und zukunftsfähigen Medizincampus berücksichtigt. Der Schwerpunkt für die Entwicklung liegt auf den verfügbaren Flächen südlich des Klinikums und nördlich der Welzower Straße. Westlich des Klinikums wird bewusst kaum eingegriffen, um ausreichend Reserveflächen („Raum zum Atmen“) für potenzielle Verfügungsgebäude oder weitere, aktuell nicht bezifferte bzw. berechenbare bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klinikum zu ermöglichen, die einen direkten Anschluss an den Haupttrakt des bestehenden Klinikums erlauben. Die Hauptaufgabe bestand in der Entwicklung eines innovativen Medizincampus, der nicht nur den funktionalen Anforderungen gerecht wird, sondern auch eine qualitativ hochwertige städtebaulich-freiräumliche Gestaltung aufweist.
Städtebauliche Grundstruktur des Entwurfes – permanente Strukturen
Der Entwurf konzipiert eine neue «Grüne Mitte» als zentralen Treffpunkt, der als unverkennbares Identitätsmerkmal für den Campus fungiert. Er zielt darauf ab einen vielseitigen Campus als Gesamtensemble mit attraktiven Räumen und einer repräsentativen Kulisse zu den Platzräumen und angrenzenden Straßenräumen zu schaffen. Er vermittelt Vielfalt und Orientierung gleichermaßen. Die Ausbildung der Campusbinnenstruktur schafft eine Verflechtung und Fokussierung innerer und äußerer Bezüge.
Das Herzstück des Campus bildet die neue Grüne Mitte als zentraler Freiraum, an der Schnittstelle zwischen Bestand und neuem Medizincampus. Sie ist in das städtebauliche Grundgerüst eingebunden. Die Grundstruktur wird durch das Hauptwegesystem in Form eines „H“ gebildet, innerhalb dessen sich drei große Entwicklungsfelder nördlich der Welzower Straße aufspannen. In Ostwestrichtung wird die bestehende Erschließung zu einer durchgängigen Promenade mit Adressfunktion aktiviert und umgebaut. Sie verknüpft den Campus von der Thiemstraße bis zum Park östlich der Welzower Straße. In Nordsüdrichtung wird perspektivisch eine Wegeverbindung bis zum neuen Entréeplatz an der Welzower Straße/ Thiemstraße geschaffen. Die Durchwegung führt durch den Verbindungsbau zwischen Haus 62/63 und Haus 42/43 (historischer Krankenhausbestand). Eine zweite Hauptwegeverbindung wird die in Teilen schon vorhandene Nordsüdverbindung westlich des Parkhauses an der Leipziger Straße darstellen. Diese wird ebenfalls freiräumlich aufgewertet und über die zentrale Ostwestpromenade weiter in Position der bestehenden südlichen Zufahrt an die Welzower Straße angebunden. Die Baukörper orientieren sich durch ihre Ausrichtung der Vorderseiten bzw. Hauptzugängen zu den Hauptachsen, welches eine starke Frequentierung der Hauptwege und eine ausgezeichnete Orientierung auf dem Gesamtcampus schafft.
Ein neues repräsentatives bauliches Merkzeichen wird mit dem Hochpunkt im Süden an der Thiemstraße/ Welzower Straße geschaffen. Im räumlichen Vorfeld wird ein neuer stadtseitiger Ankommensort entwickelt, welcher mit seinem repräsentativen Antrittsplatz als Entrée die Stadt hin zum Medizincampus vermittelt und einen hochwertigen stadtseitigen Raum schafft.
Dadurch gestaltet der Entwurf eine innovative, qualitativ hochwertige und nachhaltige Umgebung, die nicht nur den Anforderungen der medizinischen Lehre und Forschung gerecht wird, sondern auch einen attraktiven Lebensraum für Studierende, Mitarbeitende und die lokale Gemeinschaft bietet.
Baufelder und Baukörper – flexible Strukturen
Innerhalb der großen Entwicklungsfelder zwischen Hauptwegen bilden die Baufelder mit ihren Baukörpern kleine Ensemble aus. Die Baukörper des Campus bilden ein sehr effizientes, modulares Gefüge, welches klare Räume schafft und hohe Aufenthaltsqualitäten ermöglicht. Zu erhaltene Bestandsbauten werden in den Entwurf städtebaulich und funktional integriert.
Die Baufelder sind im Hinblick auf die städtebauliche Körnung und insbesondere die stufenweise Erstellung separiert. Es entstehen Baufelder zwischen 2.500 m² und 4.800 m² mit Baukörpern zwischen rund 1.500 m² und 2.500 m² Grundfläche. Diese Größe ist sehr gut geeignet, um universitäre Nutzungen unterzubringen. Alle Gebäude erhalten in der Regel 5 oberirdische Geschosse, welche punktuell mit einem 6. Geschoss überhöht werden, um wahrnehmbare städtebauliche Schwerpunkte zu setzen. Die vorgeschlagene Geschossigkeit stellt eine an der Bauhöhe des Klinikums orientierte wirtschaftliche Variante dar. Für eine grobe Einschätzung der Gebäudehöhe ist von einer durchschnittlichen Geschosshöhe von 4 m auszugehen. Dies gilt auch für das vorgesehene Untergeschoss, welches neben Technik- und Lagerräumen insbesondere die möglichen Sammeltiefgargen aufnimmt.
Alle Baufelder sind kompakt konzipiert und können in Abhängigkeit von der Lage des aus Gründen der Belichtung und Belüftung voraussichtlich notwendigen Innenhofes sehr verschiedene Gebäudetiefen (Einzelbüro bis Laborlandschaft) aufnehmen.
mit:
Fugmann Janotta Partner PartG mbB ; SHP Ingenieure GbR ; Nickl Architekten Deutschland GmbH
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