Einladungswettbewerb Innenstadt Forst (Lausitz), 1. Preis

ALLGEMEIN STÄDTEBAU WETTBEWERBE Ort: Forst
Jahr: 2012
Größe: -
Auftraggeber: Stadt Forst Lausitz

Nymphaeen, Wiesen und die Brühlschen Gärten
Gedanken zu einem neuen Weichbild der inneren Stadt

Idee: Über die Wiesen mit den Silberweiden hinweg ragt St. Nikolai auf. Die Apsis spiegelt sich im Nymphaeenteich. „Lass uns noch in den Garten gehen!“

Der Marktplatz mit St. Nikolai markiert künftig den Übergang von der historischen Innenstadt in einen noch nicht definierten Leerraum. Ein Wiederaufbau einer adäquaten baulichen Raumkulisse ist angesichts der derzeitigen Bevölkerungsentwicklung nicht zu erwarten. Welche Art von Freiraum kann an diesem Ort dauerhaft und überzeugend dieses erzwungene innere Weichbild der Stadt bestimmen?

Es wird die bewusste Konzentration auf ein starkes Landschaftsmotiv vorgeschlagen, dass diese Situation aufnimmt und offensiv als Stärke interpretiert. Dem Marktplatz wird eine Wasserfläche vorgelagert, die die Beziehung Cottbusser Straße – Kirchplatz  – (Rathaus) – Mühle und Mühlengraben – Neiße signifikant neu interpretiert. Diese Wasserspange bildet den Identitätskern des neuen Freiraums und ist eingebettet in eine sehr landschaftlich-extensive Interpretation der Ufersäume am Mühlbach. Der Blick übers Wasser und die baumbestandenen Wiesen mag erinnern an die christchurch meadows in Oxford oder andere ländliche Kirchen in Südengland.Die Übergangszonen zwischen Bebauung und Landschaftssaum werden mit Gärten und Obstbaumfeldern räumlich klar definiert und bilden eine lockere Horizontlinie. Sie zeichnen den Grundriss für einen möglichen Wiederaufbau der Stadtkante in der Zukunft vor.

Der Nymphaeenteich
Welche Fortführung, welches Gegenüber kann der attraktiv gestaltete Marktplatz mit dem geschnittenen Platanendach finden? Es wird vorgeschlagen den östlichen Platzkopf über drei Terrassenstufen hinabzuführen zur Wasserebene des neuen Seerosenteichs. Mit einer selbstbewussten Konzentration der Mittel soll dieser wertvollste Bereich einen angemessenen atmosphärischen Gegenpart erhalten, der ihn weiter in Wert setzt. Der Teich setzt in seiner klaren Kontur die Fluchten des Platzes fort. Über Gräben oder Grabenabschnitte wird er vom Mühlengraben versorgt. Schilffelder sorgen für die Klärung des eingeleiteten Wassers. Im Kontrast zur klaren städtischen Kante an der Kirche ist er so mit Wiesenböschung, Kraut- und Schilfsäumen weich gefasst, Zuchtformen der Seerose und Zwergseerose machen den Teich zum Garten auf dem Wasser. Dieser „Seerosengarten“ bildet ein eigenständiges Pendant zum berühmten Rosengarten, variiert das Thema ohne zur schwachen Imitation zu werden. Zwischen Zuflüssen und Teich entsteht eine Art Halbinsel als attraktiver „Abendort“ unter Bäumen. Von hier aus entsteht ein Postkartenblick auf St. Nikolai.

Die Uferwiesen
Der Landschaftssaum entlang des Mühlbaches wird weniger als Park interpretiert, denn als ein Stück Landschaft in der Stadt. Abhängig vom Standort werden die Flächen als unterschiedliche Wiesentypen entwickelt und sehr extensiv gepflegt. Nur an ausgewählten Stellen werden Flächen an Wegen sowie unter Baumgruppen als Liege- und Spielrasen entwickelt und häufiger gemäht. Der Baumbestand wird erhalten und um einige Solitäre und Gruppen mit Eschen und Silberweiden ergänzt. Zurückhaltend werden entlang der Uferwege unter Baumkronen kleine Spielpunkte angeboten.

Die neuen Brühlschen Gärten
Das neue „Weichbild“ der Stadt ist geprägt von zwei großen Obstgärten, den neuen Brühlschen Gärten. Zwischen Marktplatz und am Haag entsteht ein Halbring aus starkwüchsigen Apfelhochstämmen. Die Obstbaumfelder „arrondieren“ die fragmentarische  Bebauung. Bei einem Rundgang unter den Apfelbäumen kann sich der Spaziergänger über alte und neue Sorten informieren. Gesäumt von der Bebauung und den Bäumen entsteht Gartenland für die Mieter der Geschossbauten, Gemeinschafts- und Mehrgenerationengärten. Die neuen Brühlschen Gärten sind ein Gemeinschaftsprojekt der Bürger. Die Stadt richtet die einfachen Grundstrukturen ein, besorgt eine Grundansaat und hilft bei der Entwicklung der Organisationsformen. Der Garten ist öffentlich zugänglich, durchlässig und über Rasenwege erschlossen. Die Gartenflächen der neuen Wohnbebauung am Markt integrieren sich selbstverständlich in das Gartengewebe.Das Kirschcarree nördlich des Kirchplatzes nimmt die Kubatur der nördlichen Platzbebauung auf und umfasst einen gemähten, strapazierbaren Rasenplatz (Rasentragschicht). Dieser dient als temporärer Veranstaltungsort und als Areal für Ballspiele.

Wege und Verknüpfungen
Die vorhandenen Wege und Straßen werden in ihrer Grundstruktur aufgegriffen und weiterentwickelt. Haagstraße, Gerberstraße und Jägerstraße werden in ihren Breiten zurückgebaut bis auf 4,50 bis 2,50 m Breite. Die ehemalige Jägerstraße wird als Parkweg verlängert und zum Ufer durchgebunden. Das vorhandene Geh- und Radwegesystem im Uferbereich wird erhalten, etwas vereinfacht und nach Norden fortgeführt. Es ensteht ein neuer Rundweg zwischen der Straße am Markt und dem Lindenplatz.

Die Städtebauliche Einordnung
(mit erweiterten Betrachtungsraum)
Die vorgeschlagenen baulichen Fassungen des Marktplatzes fallen asymmetrisch aus: Während an die Bestandsbebauung im Süden eine einfache Zeilenbebauung angeschlossen wird, könnte im Norden eine aufgebrochen Blockstruktur in der historischen Tiefe entstehen. Das Ensemble könnte nach allen Seiten öffentliche Oberflächen entwickeln. Die Freiräume des Blocks liegen im Innenbereich.

Bis zur Umsetzung der hochbaulichen Maßnahmen (je nach zeitlicher Erwartung) kann das Thema der Obstbaumfelder als „Platzhalter“ auf diese Flächen erweitert werden.
Für die Punkthäuser nördlich der Mühlenstraße wird vorgeschlagen auf die Ausbildung vollständig umfriedeter Grundstücksflächen zu verzichten: Sie präsentieren sich als Solitäre in der Landschaft. Es wird vorgeschlagen die Stellplätze in eine Platzfigur an der Mühlenstraße anzuordnen.

Mit der Neubebauung erhält der Lindenplatz eine neue Formatierung. Zur Bebauung hin wird er räumlich geöffnet. Der Platz wird als promenadengesäumte Doppelanlage mit einem grünem und einem steinernem Feld (Teilnutzung als Parkplatz) interpretiert. Der grüne Teil erhält einen einfachen Rasenspiegel als Platzmitte.

Für die östliche Straße Am Markt wird ein Bauensemble dargestellt, das den Friedrichplatz im Norden wieder klar fasst. Die von Verkehrsflächen verunklarten Grenzen und Übergänge werden mithilfe von konturierenden und verbindenden Baumpflanzungen neu definiert.

Für den Eckbereich Am Haag / Berliner Straße wird längerfristig eine fassende Eckbebauung vorgeschlagen. Auch hier wird eine Konturierung mit Baumblöcken als Zwischenlösung vorgeschlagen.